VOLVO kündigt volle Haftung bei autonom fahrenden Autos an

SPIEGEL online berichtet aktuell, dass VOLVO als erster PKW-Hersteller die Haftung für Unfallschäden im Falle einer Verursachung durch ein autonom fahrenden Fahrzeug übernehmen will.

Zunächst bzw. vorschnell möchte man meinen, dass dies sämtliche Probleme in diesem Zusammenhang löst. Evtl. würde dies den künftigen Absatz solcher Fahrzeuge unterstützen oder gar Hemmungen abbauen. Sicherlich würde durch den massenhaften Einsatz autonom fahrender Fahrzeuge eine gewisse Gleichmäßigkeit und damit Sicherheit im Straßenverkehr erreicht oder gar das Unfallrisiko vermindert. Doch das ist Zukunftsmusik. Es dürfte noch einige Jahrzehnte dauern, bis wirklich ein überwiegender Anteil an autonom fahrenden Fahrzeugen auf den Straßen unterwegs ist.

Volle Haftungsübernahme?

Eine volle und uneingeschränkte Haftungsübernahme hinsichtlich jedes Unfalls unter Beteiligung eines autonom fahrenden Fahrzeugs dürfte angesichts des möglicherweise ausufernden Schadensumfangs unrealistisch sein.

Es wird sich ein neues juristisches Spielfeld ergeben, das sich mit der Haftungsabgrenzung zwischen dem Fahrer und der Elektronik des Fahrzeugs beschäftigt. Welche Abgrenzungskriterien hier möglicherweise interessant werden, steht in den Sternen.

Aufteilung der Verantwortung auf Fahrer und Elektronik möglich?

Wo soll also die Grenze gezogen werden zwischen Verantwortlichkeit des Fahrers oder der „fahrenden“ Elektronik?

Sollte man hier daran anknüpfen, ob der Fahrer in der konkreten Situation noch rechtzeitig hätte eingreifen können? Dies ist ein nachvollziehbarer Gedanke.

Doch wie soll dies bewiesen werden oder welche Regeln sollten hier für die Fahrer aufgestellt werden?

Soll der Fahrer dann doch wieder dazu „gezwungen“ werden, seine volle Aufmerksamkeit dem Verkehr zu widmen? Würde hierdurch nicht einer der wesentlichen (Marketing-) Vorteile des autonomen Fahrens quasi auf null reduziert? Das entspannte Ankommen, die mögliche Vorbereitung auf einen nachfolgenden Termin; all das würde wieder wegfallen. Letztendlich würde der Fahrer dadurch wieder zum Eingreifen gezwungen, was den Sicherheitsaspekt des autonomen Fahrens (bedachte, emotionslose, fehlerlose, berechnete usw. Reaktionen) z.T. ebenfalls wieder unterminieren würde.

Hinsichtlich eines Nachweises einer (Mit-) Verursachung durch den (passiven) Fahrer würde sich sicherlich Technik finden lassen, etwa durch ein Kamerasystem, das den Fahrer beobachtet und eine Black-Box, die die Fahrzeugbewegungen aufzeichnet. Doch dies dürfte ebenfalls kaum durchsetzbar sein. Zum einen stechen datenschutzrechtliche Probleme ins Auge. Das Entscheidende dürfte jedoch sein, dass durch solche Technik der strafrechtliche Grundsatz, sich nicht selbst belasten zu müssen, völlig aus den Angeln gehoben würde. Würde jeder Unfall durch die Auswertung von Assistenzsystemen aufklärbar sein, wäre das zwar einerseits schön für die Schadensabwicklung, andererseits würden elementare (internationale) Grundsätze des Rechts aus den Angeln gehoben. Dies dürfte ein sehr steiniger Weg sein. Ich halte dies vorerst noch für unrealistisch.

Auch dürfte es problematisch werden, wenn der Fahrer nicht nur passiv im Auto saß, sondern eingriff. Wie soll bewertet werden, ob der Fahrer korrekt eingegriffen hat oder ob es nicht besser gewesen wäre, dem Auto nicht die Kontrolle zu entziehen?

die Aufteilung der Verantwortung stellt sich also extrem schwierig dar.

Ansatzpunkt für Haftung der Elektronik

Ein greifbarer Ansatz für eine Haftung wäre das deutsche Produkthaftungsgesetz. Hier wird unter § 1 wie folgt formuliert:

Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

Ohne nun näher auf die Regelungen des Produkthaftungsgesetzes eingehen zu wollen, dürfte hier einiges Potential stecken, um die Haftung für Unfälle mit autonom fahrenden Fahrzeugen „in den Griff“ zu bekommen. Gleichwohl bleibt das Problem einer evtl. Mitverursachung des Fahrers.

Was sagen die Versicherungen?

Auch dürfte sich ein versicherungsrechtliches Problem eröffnen. Ich gehe davon aus, dass sich Versicherungen mit dem Thema des autonomen Fahrens schon beschäftigt haben. Gehen dann für solche Fahrzeuge die Prämien hoch oder runter?

Fazit

Obige Ausführungen erheben selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir Juristen werden an dieser Stelle künftig noch einige Schlachten zu schlagen haben. Der von VOLVO angedacht Weg führt – zur Zeit – aber in die richtige Richtung. Wenn VOLVO das angestrebte Ziel, dass ab dem Jahre 2020 in einem VOLVO kein Mensch mehr getötet oder schwer verletzt wird, in die Realität umsetzen kann, dann würde der Haftungsumfang – jedenfalls hinsichtlich des VOLVO-Fahrers – massiv begrenzt. Dies würde dann wieder die „haftungsrechtliche“ Tür hinsichtlich einer vollen Haftungsübernahme öffnen.

Wir dürfen gespannt sein. Sollten Sie einen Kommentar zu diesem, sich noch sehr im Fluss befindlichen Themas, abgeben wollen, dürfen Sie sich gerne per E-Mail (Adresse siehe Sprechblase rechts) direkt an mich wenden.