Versicherungen zahlen nur zögerlich. Eindruck bestätigt!

Laut Versicherungswirtschaft werden 98 bis 99 Prozent der Versicherungsfälle ohne Verzögerung sofort beglichen. Dieser Aussage steht eine Umfrage des Anwaltvereins gegenüber, wie aktuell in einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen „Versicherer werden immer knausriger“ nachzulesen ist.  Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ist die Dachorganisation der privaten Versicherungsunternehmen in Deutschland. Dieser wurde vor etwa eineinhalb Jahren von der damaligen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger um eine Stellungnahme gebeten, da unter den Verbrauchern der Eindruck entstand, dass bei einem Streitfall die Versicherer keine Leistungen zahlten. Das Ergebnis dieser Stellungnahme war für den Deutschen Anwaltverein  doch etwas befremdlich. Durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa  lies der DAV hierauf eine Studie erstellen. Hierbei wurden 1257 Mitglieder befragt. Das Ergebnis wurde Anfang November in Berlin vorgestellt. Das sich hier abzeichnende Ergebnis ging in eine ganz andere Richtung als die Stellungnahme der GDV. So gaben hier 70 Prozent der Befragten an, dass sie der Meinung wären, die Regulierung der Versicherungen hätte sich verschlechtert. Auch die Verzögerung von Ansprüchen wurde von 65 Prozent der Befragten beklagt. Bei kleineren Schäden bezahlen Versicherer meist ohne größere Probleme, wie etwa bei Haftpflichtschäden mit kleineren Beträgen. Häufige Meinungsverschiedenheit besteht jedoch bei der Berufsunfähigkeitsversicherung, dies sehen auch 77 Prozent der Fachleute für Versicherungsrecht so. Die Berufsunfähigkeitsversicherung wird lt. Anwaltverein als „Alles-oder-Nichts-Versicherung“ bezeichnet. Es werde entweder vollständig gezahlt oder komplett abgelehnt. Hier kommt es nicht selten zwischen Versicherer und Versichertem zu jahrelangen Streitigkeiten. Dies kann den Versicherten in existenzielle Nöte bringen. Dazu kommt noch das Ungleichgewicht der Machtverhältnisse, da die Versicherer ganz andere Möglichkeiten haben Ihre Interessen durchzusetzen. Für viele Streitfälle bleibt jedoch nur noch der Gang vor Gericht, auch wenn die Versicherer gerne erwähnen es werde der Großteil ohne Einbeziehung eines Rechtsbeistandes im Sinne der Versicherten geregelt. Deckungsstreitigkeiten werden zu 36 Prozent gerichtlich entschieden. Ein Vergleich werde zu 16 Prozent gerichtlich und zu 29 Prozent außergerichtlich beendet. Bei der Schadensregulierung ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes muss jedoch bezweifelt werden, ob der Geschädigte alle ihm zustehenden Ansprüche erhalten hat. Lt. DAV-Fachanwältin Monika Risch sollten Gespräche mit dem Versicherungsverband GDV folgen, um ein Verbesserung für Kunden bei existenzsichernden Personenversicherungen zu bewirken.

Im Bereich der Schadensregulierung nach einem Verkehrsunfall hat sich die Regulierungspraxis im Laufe der Zeit ebenfalls verschlechtert. So unser Eindruck. Konnte man vor Jahren etwa im Bereich des Schmerzensgeldes noch mit einer sicheren Vorschusszahlung rechnen, erscheint es derzeit so, dass die (Haftpflicht-) Versicherungen nunmehr häufig pauschal die Unfallkausalität anzweifeln und eine Leistung gänzlich verweigern bzw. nur auf Druck bereit sind, einen Teilbetrag zu leisten. Im Rahmen der Sachschadensabwicklung nach einem Verkehrsunfall versuchen Versicherer mit immer neuen Erwägungen, die Schadensregulierung zu verbilligen. Zwar mag dies auf Basis wirtschaftlicher Erwägungen der Versicherer nachvollziehbar sein, gleichwohl unterminiert dies den Anspruch des bei z.B. einem Verkehrsunfall Geschädigten auf vollständige Schadensbeseitigung. Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls hat Anspruch auf sog. Naturalrestitution gem. § 249 BGB, also die Wiederherstellung des vorherigen Zustands.

Diese Tendenz ist bedauerlich, nutzen Versicherer doch oftmals ihre starke wirtschaftliche Position dafür, Prozesse auszusitzen. Geschädigte verlieren dann oftmals die Nerven oder sind schlicht nicht in der Lage einen langen Prozess wirtschaftlich zu überstehen. Konsequenz dessen ist dann die Bereitschaft zu einem ggf. unterdurchschnittlichen Vergleich. Geschädigte bzw. Opferverbände beklagen diesen Umstand, gleichwohl fehlt es der Politik bedauerlicherweise an der Bereitschaft, der Versicherungswirtschaft „auf die Finger zu klopfen“. Dies wurde auch auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar sehr deutlich, als zu Diskussion über die Höhe von Schmerzensgeldern Richter, Rechtsanwälte und die Versicherungswirtschaft geladen wurden; nicht jedoch Vertreter etwa von Opferverbänden. Es wird hier mehr als deutlich, dass Opfer keine Lobby haben und deshalb die Lobbyarbeit der Versicherungswirtschaft mindestens mittelfristig „erfolgreich“ bleiben wird.